23. Februar 2007 von Marese Sennhauser

Müstair Nordwand, Nr. 67: Jesu Abstieg zu den Toten. Foto U.P.S., San Francisco
Der Mythos von Christi Abstieg ins Totenreich, vom Kampf mit den Mächten der Finsternis und von der Befreiung der Toten (1. Petrus 3, 18 -22 und 4, 6) und die dramatische Descensus-Schilderung innerhalb des apokryphen Nikodemus-Evangeliums (2, 18-24) findet sich nicht in den kanonischen Evangelien.
Gleichwohl ist er schon sehr früh im zentralen Teil der Messfeier enthalten (Anaphora des Bischofs Hippolyth von Rom) und wurde wohl auch als kultisches Spiel in die Taufvorbereitung der Osternacht integriert. Der heilige Augustinus hat darüber gepredigt, und zahlreich sind die dichterischen Texte zur „Höllenfahrt Jesu“ im frühen und hohen Mittelalter. Das Bild Nr. 67 ist also nicht aus einem spätantiken Perikopenbuch übernommen, sondern aus einer Wandmalerei oder einem Relief.
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20. Februar 2007 von Marese Sennhauser


Müstair Nordwand Nr65/66 Kreuzigung (schlecht erhalten), darunter meine Nachzeichnung
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Das sich über den jetzt vermauerten Eingangsbogen der Nordwand erstreckende, vielfigurige Bild ist zwar arg zerstört und für den Laien kaum mehr lesbar, aber mit Hilfe meiner Rekonstruktionszeichnung, die das Erhaltene in kräftigem Strich wiedergibt und das Ergänzte in feiner Zeichnung, sollte die folgende Beschreibung die Szene vor dem innern Auge erstehen lassen:
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17. Februar 2007 von Marese Sennhauser

Müstair Nordwand, Bildfeld Nr.64 (Foto U.P.S) und Egbertcodex, Perikopenbuch aus Kloster Reichenau, 10.Jh.

Nachdem der Hohe Rat Jesus zu Pilatus, dem römischen Statthalter ins Prätorium gebracht hatten, begannen lange Verhandlungen und Befragungen. Schliesslich musste Pilatus ihn zur Kreuzigung freigeben, obwohl er ihn für unschuldig hielt. Die Szene Nr. 64 spielt sich vor dem schräg ins Bild ragenden Prätorium ab, wo Pilatus auf dem Richtstuhl sitzt und sich demonstrativ die Hände wäscht: ein Diener in langem Gewand hält ihm ein Wasserbecken hin und schüttet ihm aus einem nicht mehr sichtbaren Krug Wasser über die Hände.
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16. Februar 2007 von Marese Sennhauser

Müstair Nordwand, Nr.63: Jesus wird vom Hohen Rat der Juden verhört. (Bild zur Hälfte von der neuen Orgel verdeckt)Text: Lukas 22, 66-71
Am Morgen nach der Gefangennahme wird Jesus ins Haus des Kaiphas gebracht, nachdem er zuerst bei Hannas, dem letzten Hohepriester und Schwiegervater des jetzt amtierenden verwahrt worden war. Hier macht er die entscheidende Aussage, die sein Schicksal besiegelt. Er bekennt, dass er der Messias und mit aller Vollmacht ausgestattete Sohn Gottes ist!
Vom gut erhaltenen Bildfeld, das heute zur Hälfte von der Orgel verdeckt ist, habe ich leider kein altes Foto, was umso bedauerlicher ist, als es sich um eine wichtige Szene im Zyklus handelt. Jesus steht gross und hoheitsvoll im Zentrum der Komposition. In der Linken hält er eine Schriftrolle, die Rechte ist im Sprechgestus erhoben. Rechts vorne sitzen die beiden Hohepriester auf einem doppelt breiten, kissenbelegten Truhenthron. Kaiphas, dunkel gewandet und mit dunklem Haar und Bart gestikuliert mit beiden Händen.
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14. Februar 2007 von Marese Sennhauser

Reichenauer Buchmalerei des 11.Jh. (Cod.78 A 2, Berlin)
Der Valentinstag, Fest der Blumengeschäfte, gilt als Fest der Freunde und der Verliebten. St. Valentin war ein frühchristlicher Bischof in Terni in Italien, der an einem 14. Februar den Märtyrertod durch Enthauptung starb. Ist er darum zum Patron der Verliebten geworden? Sich verlieben heisst ja den Kopf verlieren und wenns weiter geht auch noch das Herz, was bekanntlich sowohl zu Glücksgefühlen wie zum Martyrium führen kann! – Aber der 14. Februar berichtet auch sonst von einer Begegnung und einer Liebesgeschichte.
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von Marese Sennhauser

Gefangennahme Jesu in einer Reichenauer Handschrift des 10.Jh. (Codex Egberti)
Der „Leben Jesu Zyklus“ von Müstair wird nun in der vierten Reihe der Nordwand mit sechs Bildern zur Passion fortgesetzt. Die Felder Nr.61 und Nr.62 sind sehr schlecht erhalten. Ich bilde sie daher heute zusammen in meinem Blog ab und bringe gleich zu Beginn eine gut vergleichbare Buchmalerei, die vielleicht auf die gleiche spätantike Vorlage zurückgeht wie das Fresko von Müstair.
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11. Februar 2007 von Marese Sennhauser

Müstair Südwand, Nr.60: Jesus wäscht den Jüngern die Füsse (Johannes 13, 1-20)
Wir wissen, dass Nr. 59 und 60, also Abendmahl und Fusswaschung, sinngemäss zusammengehören und dass diese Szenen nicht nur in Müstair ein Paar bilden, sondern meist auch in der Ikonenmalerei und der Buchillustration verbunden sind. Die Synoptiker berichten nur vom Abendmahl, und bei Johannes ist nur von der Fusswaschung ausführlich die Rede, während das Abendmahl diskret nur angedeutet wird.
Vom letzten Bildfeld der Südwand ist nur wenig mehr als die linke Hälfte erhalten, die aber ist meisterhaft gestaltet. Von einem flachen Bogen eingefasst ist die prachtvoll bewegte Gruppe von Jesus und einem sitzenden Jünger zu sehen.
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9. Februar 2007 von Marese Sennhauser

Müstair, Südwand Bild Nr. 59: Das letzte Abendmahl (Matth. 26,21-29; Markus, 14,18-25; Lukas 22,15-23)
Jesus hat sich durch die Erweckung des Lazarus als Herr über den Tod erwiesen, er ist als Davidssohn in Jerusalem eingezogen und er wurde von einer Frau zum König gesalbt. Nun sitzt er gross und königlich mit sprechend erobener Hand am oberen Ende des Sigmatisches im luftigen Obergemach um mit seinen Gefährten das Passahmahl zu feiern.
Obwohl das Bild schlecht erhalten ist, kann man im Saal mit den Arkadenfenstern im Hintergrund zwölf merkwürdig tief sitzende, enggedrängte Gäste zählen (wahrscheinlich waren sie in der spätantiken Vorlage liegend dargestellt).
Ganz rechts, auf dem zweiten Ehrenplatz, darf man den Petrus vermuten und ganz links aussen steht nicht etwa Judas, sondern ein Diener mit einem Krug oder einem Weinschlauch; er ist Zeuge des Geschehens, denn nicht das Mysterium der Einsetzung der Eucharistie ist hier dargestellt, sondern die Ankündigung des Verrats!
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4. Februar 2007 von Marese Sennhauser

Klosterkirche Müstair: Wandschema der Südwand
Ich habe vorgestern die letzten beiden Bilder des dritten Registers der Nordwand besprochen. Sie schildern zwei selten dargestellte Szenen aus dem Leben Jesu und wecken den Wunsch nach weiteren spätantik geprägten Darstellungen. Doch nun folgt eine herbe Enttäuschung, denn von den nun folgenden Bildern der Südwand (Nr.53-60) sind nur die letzten beiden, nämlich Abendmahl und Fusswaschung, leidlich erhalten. Andere wichtige Szenen aus den letzten Tagen vor der Passion Jesu sind bis auf zwei kleine Fragmente verloren.
Von der Nr. 54, dem zweiten Feld der Reihe, ist nur der obere Mittelteil erhalten:
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1. Februar 2007 von Marese Sennhauser

Müstair Nordwand Nr.52: Jesus und die Ehebrecherin (Joh. 7,53-8,11)
Als Jesus frühmorgens im Vorhof des Tempels lehrt, bringt man eine beim Ehebruch ertappte Frau herbei, stellt sie in die Mitte und fragt Jesus wie er es mit dem Gesetz des Mose halte, das in diesem Fall den Tod durch Steinigung vorschreibt. Jesus aber sagt nichts, sondern bückt sich und schreibt mit dem Finger in den Sand.
Als die Ankläger insistieren, sagt Jesus bloss: wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Da wenden sich die Ältesten und die Schriftgelehrten zum Gehen und Jesus, der Sündlose, den man später als Weltenrichter darstellen wird, sagt: auch ich verurteile dich nicht!
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